Die Duftmacher aus Dresden

Ein sanfter Duft von Lavendel schwebt über den Hof der kleinen Fabrik an der Stadtgrenze von Dresden zu Radebeul. Besucher, die weiter gehen und das Betriebsgebäude der Firma Li-iL betreten, empfängt ein ganzes Bouquet von Gerüchen. Schwaden von Rosenöl, Vanille, Magnolien oder Minze ziehen durch die Räume des mittelständischen Unternehmens, das in Kürze 100 Jahre alt wird.

Dresden . Ein sanfter Duft von Lavendel schwebt über den Hof der kleinen Fabrik an der Stadtgrenze von Dresden zu Radebeul. Besucher, die weiter gehen und das Betriebsgebäude der Firma Li-iL betreten, empfängt ein ganzes Bouquet von Gerüchen. Schwaden von Rosenöl, Vanille, Magnolien oder Minze ziehen durch die Räume des mittelständischen Unternehmens, das in Kürze 100 Jahre alt wird.

Li-iL hat eine bewegte Geschichte. Firmenvater Richard Carl Pittlik starb 1930, 20 Jahre nach Gründung der Deutsche Arzneibäder Fabrik Li-iL. 1972 wurde die Firma auf Geheiß der SED zwangsverstaatlicht. Nach der Wiedervereinigung tobte ein Privatisierungskampf mit der Treuhand. 1994 trat die Gesundheitsreform in Kraft, die die ärztlich verschriebenen Arzneimittel von Li-iL plötzlich zu Kosmetikartikeln machte - vom Patienten selbst zu bezahlen. Der Umsatz brach ein.

Doch die Firma lebt. «Wir haben derzeit 50 Mitarbeiter, darunter 45 Festangestellte und zwei Azubis», sagt Geschäftsführer Stephan Freitag. «Allein für den deutschen Markt stellt Li-iL 110 Produkte her, darunter Massage-Öle, Baldrianbäder und Badesalze», fügt er hinzu. Die Auslandslinien gehen in 35 Länder. 2009 lag der Umsatz bei 6,3 Millionen Euro. Das Firmenjubiläum will Freitag im September mit seinem Team und mit Ehemaligen am Dresdner Neumarkt feiern.

Das Thema Tradition beschäftigt derzeit besonders Andrea Rautenberg. Eigentlich betreibt die diplomierte Kauffrau als freie Mitarbeiterin den Online-Handel für Li-iL und leitet seit Juli auch den Fabrikladen inmitten der im Bauhausstil ausgeführten Hans-Richter-Siedlung in Dresden-Trachau, wenige Gehminuten vom Stammsitz entfernt.

Neben dem Weltversand für private Besteller recherchiert sie neuerdings auch die Geschichte von Li-iL. Dabei haben es ihr die Firmenchefs besonders angetan. «Pittlik war eine typische Gründer-Persönlichkeit«, sagt sie. "Er hat das Unternehmen einerseits sehr systematisch aufgebaut. Andererseits folgte er gezielt einem Trend, der damals von Dresden ausging.»

Schließlich war die Stadt um 1900 Zentrum der Naturheilbewegung: Karl August Lingner (1861-1916) initiierte dort die I. Internationale Hygieneausstellung. Die Firmen Gehe und Bombastus entstanden. In Radebeul richtete Friedrich Eduard Bilz (1842-1922) Sanatorien und ein Licht-Luft-Bad ein. Nebenher erfand er die Brause Sinalco und schrieb Standardwerke der Naturheilkunde.

«In dieser Zeit begann man auch mit der industriellen Herstellung von Badezusätzen», sagt Rautenberg. »Darauf setzte Pittlik.« 1930 kaufte Ernestine Böhme mit einem Kompagnon die Firma und führte sie über alle Wirren privat bis 1972. Auf staatlichen Druck wurde Li-iL 1975 an das Arzneimittelwerk Dresden angegliedert. 1979 tagte letztmalig die alte Li-iL-Gesellschaft und wurde anschließend aufgelöst, Böhme starb kurz darauf. Mit der Westdeutschen Maria Holtsch war es 1992 wieder eine Frau, die Li-iL zu neuem Leben verhalf.

Rautenberg entdeckt für das Museum immer mehr Material. In einer Mappe hat sie bereits Firmenanzeigen aus den 1920ern gesammelt, ein Reklame-Blechschild fand sich ebenso wie eine Zinkbadewanne zum Sitzen. Frühere «Li-iL-Frauen» bringen Fotos vorbei.

Dass die Firma auch nach vorn schaut, beweist laut Geschäftsführer Freitag unter anderem der markante Fabrik-Neubau an der Leipziger Straße. In ihm residiert neben Li-iL die Eigentümer-Familie Holtsch mit ihrer Firma Holtsch Medizinprodukte GmbH. Es gibt ein neues Labor und eine eigene Produktentwicklung. Als Fortführung der Li-iL-Produkte wurde die «Dresdner Essenz» kreiert, soeben schrieb Li-iL die Stelle eines Markenmanagers aus.

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geschrieben am: 16.08.2010
Redaktion DD-INside.com