The ProdiODIgy - Ein LeEbeEn aus MelELodieE und RhythmMus
The Prodigy legen endlich ein neues Album vor. „Invaders Must Die“, so der leicht blutrünstige Titel. Dabei handhaben es die Jungs um Liam Howletts Keyboard-Burg, allen voran Keith Flint und Maxim Reality im richtigen Leben deutlich anders. Fast fünf Jahre dauerte die Schaffenspause von The Prodigy. 2004 erschien die letzte reguläre Studio-CD „Always Outnumbered, Never Outgunne.“ Da gibt es Gesprächsstoff genug. Gleich um die Ecke vom legendären Rough Trade-Platttenladen in London laden Liam Howlett und Keith Flint voller Selbstbewusstsein zum Tee und zum launigen Plauderstündchen über die neue Produktion. Für DD-Inside war Franz X.A. Zipperer vor Ort.
Franz X.A. Zipperer (fxaz): „Ihr verkündet lauthals, dass The Prodigy wie ein nationales Kulturerbe geschützt werden sollten. Das bedarf einer Erklärung.“
Liam Howlett (lh): „Wir repräsentieren all das, was England so großartig macht. Ich nehme für uns zwar nicht in unbedingt in Anspruch, dass wir die Breakbeat-Ära losgetreten haben. Aber wir waren und sind Teil dieser Bewegung und haben uns an die Spitze gesetzt. Die Mod-Szene wird respektiert, die Beat-Szene ebenso. Da wird man das gleiche doch wohl die Rave-Szene auch einfordern dürfen.“
Keith Flint (kf): „Fast 20 Jahre leisten wir Pionierarbeit in Sachen Verschmelzung von musikalischen Wurzeln aus Underground, hochgepitchten Hip-Hop- und Industrie-
Klängen zu einem heißen Cocktail. Wer Rockfanatiker und Raver auf eine gemeinsame Tanzfläche lockt, der hat doch Epochemachendes vorzuweisen, oder?
fxaz: „Warum hat es dann so lange gedauert, bis ihr neues Material auf Platte gebannt habt?“
kf: „In dir muss einfach ein gewisses Feuer lodern, das flammend heiß genug ist, Soundelemente verschmelzen zu können. Bei „Always Outnumbered, Never Outgunne“ haben wir die Sache etwas zu weit getrieben. Das Feuer loderte zwar, aber trotzdem ist eine DJ-Beats-Sammlung dabei heraus gekommen, die live nicht mehr spielbar war. So was wollten wir keinesfalls wiederholen. Hinzu kam, das jeder auch noch so ein Nebending am laufen hatte.“
lh: „Wir haben zwischenzeitlich ja noch die Hit-Compilation „My Law“ gemacht. Das war ein wichtiger Zwischenschritt. Mit jeder Nummer, die wir dafür ausgewählt haben, wurden wir daran erinnert, wie geil das Live-Spielen doch ist. Die erste Glut für Neues fing hier an zu glimmen.“
kf: „So etwas kannst du nicht vortäuschen. Du kannst nicht hingehen und sagen, o.k., jetzt lassen wir einfach mal die alte Energie wieder raus. Entweder sie ist da oder eben nicht. Punkt.“
fxaz: „Neben dem Bandfeuer, das brennen muss, bedarf es jedoch eines gerüttelt Maß an genialen Einfällen. Auch die fallen bekanntlich nicht vom Himmel.“
lh: „Ja, da musst du raus aus deinem Bunker, da musst du dich inspirieren lassen. Ich lauf zum Beispiel häufig hier durch die farbenfrohe Szene rechts und links der Portobello
Road. Die eine Seite ist wohlhabend, die andere arm. Eine explosive Mischung von Menschen, Tönen und Gefühlen. Das sauge ich dann auf. Wie ein Schwamm. Zusätzlich gibt es hier im Viertel eine ganze Reihe Vinyl-Plattenläden. Dort suche ich ganz gezielt nach Funk- und Rare-Grooves. Das ist die Basis für unseren Breakbeat. All unsere Stücke sind inspiriert vom Groove. Daraus versuche ich dann einen originellen Sound zu entwickeln, etwas, was man so vorher noch nie gehört hat.“
fxaz: „Der Grooveanteil nur eine Zutat. Mit ihr allein funktioniert ein Prodigy-Lied nie und nimmer. Ganz wesentlich und unverzichtbar ist auf „Invaders Must Die“ wieder die Melodie. Ganz so wie in alten The Prodigy-Zeiten.
lh: „Auf den letzten beiden Alben haben wir die Melodie zugunsten des großen Krachs deutlich vernachlässigt. Ich will nicht sagen, dass dies ein Fehler war. Aber wir wollen ihr auf der aktuellen CD wieder zu neuem Glanz verhelfen. Sie hat für uns schlichtweg wieder an Bedeutung gewonnen.“
fxaz: „Wie sieht das in der Praxis aus, wenn ein The Prodigy-Stück entwickelt wird?“
kf: „Liam kommt mit Skizzen, Musikfetzen oder fast fertigen Stücken in den Proberaum. Während daraus nach und nach ein Musikstück wächst, trällere ich, singe ich , schreie ich oder summe ich irgendwas dazu. Immer wieder. Immer mehr. Alles, aber auch alles wird dabei aufgenommen. Dann basteln wir daraus zum Schluss ein großes Ganzes aus Text und Musik, den fertigen Song. So ist das ganze nun vorliegende Album entstanden.“ Eins ist sicher, das musikalische Rad haben The Prodigy mit „Invaders Must Die“ nicht neu erfunden. Eins aber haben The Prodigy formvollendet hingekriegt, eine Rückbesinnung auf ihren Knallersound und eine zeitgemäße Verfeinerung. Und sie haben darüber hinaus etwas ganz wesentliches geschafft. Sie sind keine musikhistorische, absolut beliebige Zirkusnummer geworden.