Sarah Walker „Der Weihnachtsmann hat meinen Namen längst notiert“
Sarah Walker
Am Telefon lacht sie viel, wechselt auf sympathisch-putzige Art und Weise zwischen Englisch, Deutsch und Hamburger Dialekt hin und her. Die Rede ist von Sarah Walker, einer Amerikanerin, die einst der Liebe folgte und seitdem in Deutschland lebt und musiziert. Vor zwei Jahren machte sie durch eine Kollaboration mit Deichkind auf sich aufmerksam. Nun will sie weiter nach oben. Mit eigenem Album, eigener Band und einer saftigen Portion Elektro-Pop-Punk.
Wie bist Du nach Deutschland gekommen?
Angekommen bin ich damals im tiefsten und kalten Winter in Hamburg. Alles war weiß und tief verschneit. Irgendwie dachte ich, ich wäre in Helsinki gelandet (lacht). Ich hatte damals einen Modelvertrag in Südkorea, dann bin ich nach Thailand gegangen und habe mich dort in einen Hamburger verliebt. Das war letztendlich der Grund, warum ich nach Deutschland gekommen bin.
Du bist viel gereist und hast viel ausprobiert: Model, Schauspielerin in Filmen und Werbespots, Musikerin. Warum hast Du dich dann irgendwann hauptsächlich für die Musik entschieden?
Gerade in der Musik kann man sich als Person einfach am meisten ausdrücken, kann am meisten von seiner Persönlichkeit zeigen. Wenn man zum Beispiel modelt, dann ist das doch immer eine sehr aufgesetzte Rolle, die man zu spielen hat. Man kann nicht so viel von sich preisgeben. Und Musik habe ich schon immer gemacht. Ob meine Punkband in California, oder Sessions damals in der Garage – Musik hat mich immer begleitet. Irgendwann kam dann der Punkt, wo mir klar wurde, dass ich das gern auf einer professionellen Ebene machen möchte.
Musik als persönliche und authentische Ausdrucksform – ist das heute nicht etwas abhanden gekommen, wenn man sich die aktuelle Popkultur anschaut?
Ich glaube, dass die momentane Popkultur ganz einfach die Stimmung der Menschen reflektiert. Kunst, also zum Beispiel Musik, spiegelt ja gewissermaßen immer auch den Zeitgeist einer Gesellschaft wieder. Und ich denke, dass es heute einfach eine Menge Menschen gibt, die sich selbst nicht kultivieren, die sich selbst nicht wirklich vertiefen. Das findet sich dann auch in der Musik wieder, die von der breiten Masse gehört wird, da sie deren Werte und Gefühle am direktesten trifft. Aber es gibt natürlich auch Leute, die sehr viel von sich preisgeben, tiefgehende Lieder schreiben und sehr erfolgreich sind. Udo Lindenberg zum Beispiel, oder Xavier Naidoo.
Gibt es denn für dich ein Ziel, welches Du mit deiner Musik verfolgst?
Meine Musik ist der Versuch, dem Alltag ein Stückchen zu entkommen. Natürlich ist es wichtig, tiefgründig zu sein, zu reflektieren, sich Gedanken zu machen und Gefühle von der Seele zu schreiben. Aber genauso wichtig ist es, sich dann auch selbst mal zu entkommen, mal abzuschalten, sich zu feiern, alle Sorgen abzuschütteln und die Seele baumeln zu lassen. Meine Musik ist wohl eher leichte Kost. Ich schreibe und singe nicht unbedingt große, die Seele bewegende Texte – aber trotzdem bewegt die Musik die Zuhörer, animiert sie zum tanzen. Ihre Leichtigkeit nimmt die Menschen mit. Vielleich ist das auch eine Art Tiefe.
Was sind deine musikalischen Wurzeln?
Auf jeden Fall Bands und Künstler wie Black Sabbath, Ozzy Osbourne, AC/DC, Led Zeppelin, Blondie, aber auch Run DMC, The Parliament, Kurtis Blow, Grandmaster Flash und viele andere.
Wie definierst Du deinen Sound?
Also, ehrlich gesagt, mal ganz standardmäßig, billig und umfassend ausgedrückt: Electro, Pop, Rock. Pop, weil ich eingängige Melodien und Strukturen mag. Electro, weil man dazu gut tanzen kann und man es im Club hören kann. Und Rock, weil wir einen großartigen Gitarristen mit auf der Bühne haben. Vielleicht könnte man auch Electro-Pop-Punk sagen.
Du spielst also mit Band?
Genau. Sie heißen The Fuzz. Unsere Band besteht aus einem DJ, einem Gitarrenspieler und mir. Zusammen sind wir Sarah Walker & The Fuzz.
Ihr seid zu dritt – auf MySpace sind vier Personen auf eurem Bandfoto zu sehen.
Ach stimmt. Einer in unserer Band ist eine multiple Persönlichkeit. Er kleidet sich deswegen oft in zwei verschiedenen Kostümen. Ich glaube, am Ende sind die vier Personen aber doch irgendwie nur drei (lacht). Unser viertes Mitglied ist also nur eine Erscheinung. Wenn ich mich recht erinnere, dann heißt er Konan.
Schon vor zwei Jahren war von einem Album zu lesen. Wann ist es soweit?
Im Prinzip ist die Scheibe komplett. Es fehlt nicht mehr viel. Es sind im Moment ungefähr elf Titel. Da kommt vielleicht noch einer dazu. Größtenteils geht es jetzt um den Endschliff der Stücke, also ums ausproduzieren, abmischen und mastern. Dieses Jahr soll die CD noch erscheinen.
Auf deiner MySpace-Site ließt man das Motto: Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse kommen überall hin!” Bist Du nun ein gutes oder ein böses Mädchen?
Ich glaube ein bisschen von beidem (lacht). Ich glaube, dass Leben ist ein Zwischending aus beiden Welten. Diese Balance muss man beherrschen. Aber – ich schätze, der Weihnachtsmann hat meinen Namen schon längst notiert (lacht). Der Himmel ist aber auch für Sünder geeignet – da kommen sowieso nur Sünder rein, denn letztendlich sind wir ja alle ein bisschen böse (lacht).
Text & Gespräch: Friedemann Schreiter
SARAH WALKER FEAT. THE FUZZ | DIGITAL SLAVES | CORNHOLIO @ PIER 15 20.09.2008 - 22:00 Uhr