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Kylie Minogue - Mein Schicksal ist die Popmusik

Das „Blakes Hotel“ im Stadtteil South Kensington ist eine dieser unauffälligen aber ausgesprochen luxuriösen Herbergen, die typisch sind für diese wohlhabende Ecke
Londons. Hier empfängt Kylie Minogue, 42, heute die europäischen Medien, um über ihr
neues Album „Aphrodite“ und die Single „All The Lovers“ zu sprechen. Das Album - es ist ihr elftes Studiowerk seit ihrem Einstand mit „Kylie“ im Jahre 1988 - ist gut gelungen. Minogue sowie ihre Songschreiber und Produzenten – darunter Stuart Price, Calvin Harris, Nerina Pallot und Tim Rice-Oxley – erliegen nicht etwa der Versuchung, der Australierin einen futuristischen Sound á la Lady Gaga oder Ke$ha zu verpassen. Vielmehr konzentriert sich das Kylie-Camp auf eher klassischen, überwiegend temporeich vorgetragenen Pop, bei dem der jeweilige Song im Vordergrund steht.


Kylie, „Aphrodite“ ist die griechische Göttin der Liebe, der Schönheit und der Lust.

Kylie Minogue (zieht die Augenbraue hoch): Und?

Fühlst du dich wie Aphrodite?

MinogueMinogue (lacht): Nein, also, höchstens ganz selten mal. Als Liebesoder gar Sexgöttin sehe ich mich nicht unbedingt so. Vielleicht tauge ich eher als Liebesbotin. Ich bin überzeugt, dass sich schon viele Paare gefunden haben, während sie meine Musik hörten. So ganz unsexy sind
meine Songs ja nicht (grinst). Obwohl, wenn ich das jetzt so erkläre: Dann bin ich mit meinem Schaffen wohl doch ein Aphrodisiakum.

Wie würdest du deinen Stil auf „Aphrodite“ beschreiben – musikalisch wie modisch?

Minogue: Die Musik kommt immer zuerst, sie defininiert das Artwork. Auf dem Cover verbeugen wir uns natürlich vor Aphrodite, haben sie aber in ein modernes Gewand, einen modernen Look gekleidet.

Wenn du dich als Göttin präsentierst, bedeutet dass, du fühlst dich gerade sehr stark und selbstbewusst?

Minogue: Also, ich würde den Titel und das ganze Konzept jetzt nicht sooo wörtlich nehmen (lacht). Allerdings bin ich zur Zeit wirklich gute Dinge. Ich sehe das Leben entspannt und positiv und fühle mich wohl.

Bist du ein Mensch, der immer an die Liebe geglaubt hat?

Minogue: Natürlich. Ja. Ich bin mir sicher, dass die Liebe existiert. Sogar die unendliche, ewige Liebe. Ich denke dabei zuerst an meine Neffen, die Kinder meines Bruders Brendan. Ich werde diese Jungs für immer lieben, überhaupt ist die Liebe zu meiner Familie immer sehr stark gewesen.

Und wie sieht es mit der Liebe innerhalb von Beziehungen aus?

Minogue: Tja, das ist nicht ganz so einfach. Man braucht viel Glück, um den Menschen zu finden, mit dem man für den Rest seines Lebens zusammen sein will. Manchen gelingt es, ihren Seelenverwandten zu finden. Anderen gelingt es nicht. Die Liebe ist wie eine Lotterie, denke ich.

Viele Nieten und ein Hauptgewinn?

Minogue: Viele Nieten, ein Hauptgewinn und mehrere kleine Gewinne (lacht). Ich war mit Männern zusammen, mit denen ich heute nicht mehr zusammen bin. Während unserer jeweiligen Beziehungen jedoch habe ich mich wohl gefühlt. Ich kann meinen Ex-Freunden nichts Böses nachsagen. Und auch wenn man sich liebt, kann es sein, dass eine Beziehung scheitert.

Du bist seit zwei Jahren mit dem spanischen Model Andres Velencoso Segura liiert. Ist er der Hauptgewinn?


Minogue (lacht): Sagen wir: Ich habe, was ihn angeht, schon ziemlich viele Zahlen richtig.
In „Cupid Boy“ singst du „It feels like Heaven in your Arms/ when you touch me it is like a Rocket to Mars“, also „Es fühlt sich himmlich an in deinen Armen/ Wenn du mich berührst, ist es wie eine Marsrakete“.

Ist das Lied eine Liebeserklärung an Andres?

Minogue: Nein, den Song habe ich nicht selbst geschrieben. Doch wenn du jetzt zitierst – klar, das kommt der Wirklichkeit schon sehr nahe (kichert).

Ohnehin machen viele der Liebeslieder auf „Aphrodite“ einen positiven Eindruck.

Minogue: Was aber manchmal täuscht. „All the Lovers“ etwa, die Single, hört sich absolut euphorisch an. In Wirklichkeit ist der Inhalt eher bittersüß. Denn es geht darum, dass ich die andere Person anflehe, den letzten, den entscheidenden Schritt zu machen.

Ohne zu wissen, ob er sich wirklich traut. „All the Lovers“ ist also nicht einfach nur ein Song über Liebe. Es ist ein Song darüber, dass man sich trauen muss zu lieben.

Minogue: Ja, schon richtig. Anfangs war es eine, wie drücke ich das aus, Sommerliebelei. Wie das Leben dann so spielt – zuweilen verläuft es in mysteriösen Bahnen. Man weiß nicht immer, wie und warum die Menschen zusammen finden. Das steht in den Sternen. Und es wäre doch auch langweilig, wenn man das alles im Voraus planen könnte.

Magst du es, nicht jeden Schritt im Leben zu planen? Lässt du dich gern überraschen?

Minogue: Nun ja, auf einige Überraschungen hätte ich verzichten können, die waren mehr als frustrierend. Aber alles in allem würde ich sagen: Wenn wir ständig die Kontrolle bewahren, glaube ich nicht, dass wir besonders viele spannende Erlebnisse oder Begegnungen haben
würden. Und ich liebe neue Erfahrungen. Auch wenn es banale Erfahrungen sind. Ich schätze es, stimuliert zu werden.

Deine Schwester Dannii wird in Kürze ihr erstes Kind bekommen und heiraten.

Minogue (lacht): Soll sie machen, soll sie machen. Dann nimmt sie wenigstens den Druck von meinen Schultern.

Wie sieht es diesbezüglich bei dir aus?


Minogue: Keine Pläne momentan. Weder, was heiraten, noch was Kinder angeht.

Spürst du denn den Druck auf deinen Schultern?

Minogue: Nun ja, wenn Leute wie du mich ständig danach fragen, kommt man natürlich schon mal ins Nachdenken, wie die Zukunft denn so aussehen könnte. Fürs erste allerdings begnüge ich mich ganz mit der Rolle als Tante.

Du interessierst dich sehr für Mode. Wie sehr fühlst du dich als Stilikone?

Minogue: Tja, wie viel? Ich kann das schlecht abwiegen (lacht). Sagen wir: Ich bin mir dessen bewusst, dass mein Stil für manche Menschen eine gewisse Bedeutung hat.

Wie würdest Du deinen aktuellen Modegeschmack beschreiben?

Schwierig. Ich könnte mich einfach nicht für einen Look entscheiden. Ich hätte keinen Lust, jeden Tag im gleichen Stil herumzulaufen. Damit würde ich mich unnötig beschränken. Ich wüsste auch nicht, welcher Stil das dann sein sollte.


Wieso das?

Minogue: Weil ich Vielseitigkeit mag – in meinem Kleiderschrank genauso wie in meinem Leben. Ich mache nicht jeden Tag die gleichen Dinge. Was in mancherlei Hinsicht problematisch ist, denn ich bin mit der Eigenschaft nicht der verlässlichste Mensch der Welt. Ich kann mich zum Beispiel nicht gut langfristig verabreden – bis zum Termin kämen bestimmt zig andere Dinge dazwischen. Die positive Seite ist: Ich bin spontan. Wenn wir uns morgen hier träfen, hätte ich garantiert etwas ganz anderes an. Vielleicht ein Businesskostüm. Oder ein Hippiekleid. Das wüsste ich aberjetzt noch nicht. Ich bin keine dieser Frauen, die sich
am Abend schon ihre Kleidung für den nächsten Tag rauslegen. Was ich anziehen will, weiß ich immer erst morgens.

Wie darf ich mir ein faules Wochenende auf dem Sofa vorstellen?

Minogue: Wahrscheinlich so ähnlich wie ein faules Wochenende bei dir oder den meisten anderen Menschen. Ich liege im bequemen Jogginganzug auf der Couch, mein Freund besogt leckere Tapas vom Restaurant um die Ecke, und wir gucken uns irgendeinen albernen Film an.

Was tust du dafür, zehn Jahre jünger auszusehen als 42?

Minogue: Ich versuche, gut mich auf aufzupassen. Und ich mache, innerhalb vernünftiger Grenzen, das beste aus den kleinen Maßnahmen und Möglichkeiten, die wir Frauen zur Verfügung haben, um frisch auszusehen.

Das heißt?


Minogue: Du bekommst heute wunderbare Produkte, die es vor 20 Jahren noch gar nicht gab. Darüberhinaus habe ich immer, wirklich immer, Sunblocker im Gesicht. Meine Freunde, Andres eingeschlossen, macht das immer ganz verrückt, wenn sie mit mir unterwegs sind. Sunblocker, Hut, Sonnenbrille – das bin ich. Selbst, wenn es nicht mal richtig heiß ist. Am besten setze ich mich dann noch unter ein Handtuch.

Sport machst du bestimmt auch viel, oder?

Minogue: Ich wünschte, ich wäre eine dieser Frauen, die jeden Morgen erstmal ihre Übungen machen oder nach dem Aufstehen gleich ins Fitnessstudio rennen. Aber so diszipliniert bin ich leider nicht. Ich gehe im Winter gerne Snowboarden. Ich spiele auch ganz gerne Golf – gut,
„Fitness“ ist das strenggenommen nicht, man ist jedoch an der frischen Luft und bewegt sich.

Du engagierst dich in mehreren Wohltätigkeitsorganisationen gegen Krebs, zum Beispiel in der „Fashion Targets Breast Cancer“-Kampagne. Ist es sehr wichtig für dich, Aufmerksamkeit auf diese Krankheit zu lenken, da du vor fünf Jahren selbst an Brustkrebs erkrankt warst?

Minogue: Definitiv. Ich hatte schon an Brustkrebs-Charitys teilgenommen, bevor ich selbst krank wurde. Selbstverständlich ist diese Sache durch meine eigene Geschichte noch viel wichtiger, noch viel bedeutsamer geworden. Insbesondere will ich aufzeigen, dass man
es schaffen kann. Dass man den Krebs überstehen kann. Von Frauen, die durch die Hölle Krebs gegangen sind, diese Art von Ermutigung zu bekommen.

Du hast es geschafft, mehr als 20 Jahre oben zu bleiben und hast in der Zeit Hunderte von Popstars kommen und gehen sehen. Was ist dein Geheimnis?

Minogue: Durchhaltevermögen (lacht). Wie ich vorhin schon sagte, glaube ich an Schicksal. Und mein Schicksal ist es, Popmusik zu machen. Ich arbeite darüberhinaus wirklich gerne hart, ich genieße das. Und ich liebe neue Herausforderungen. Dazu kommt, dass ich mit der Zeit gehe. Ich wandele mich als Künstlerin, als Mensch, und ich passe auch meinen musikalischen Stil den sich verändernden Zeiten an. Ich bin nie steckengeblieben. So bleibe ich aktuell und zeitgemäß, ohne meine Wurzeln, meine Identität als Pop-Kylie zu verraten.


Steffen Rüth

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