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PLANET DER ATZEN - Die Atzen:Frauenarzt & Manny Marc sorgen für groben Partyspaß

Plötzlich ist überall Kindergeburtstag. Die Hände gehen zum Himmel und der bedankt sich mit buntem Konfettiregen. Die Mode hat sich auch gewandelt. Alle laufen mit bunten Kappen durch die Welt. Zumindest seit Frauenarzt, Manny Marc & Die Atzen Ende letzten Jahres durch die Clubs des Landes, inklusive Mallorca ziehen. Die Hütten beim Après Ski werden auch gerade zum Bersten gebracht. Kleine Kinder auf dem Weg zum Kindergarten haben ein fröhliches „Das geht ab“ auf den Lippen. Der Berliner Fußballletzte Hertha BSC klammert sich an das Lied und erweitert es für seine Bedürfnisse, „Wir steigen einfach nicht ab.“ Im Übrigen hat das Stück im Weltmeisterschaftsjahr die besten Chancen für den deutschen Fußball allgemein die Hymne zu werden. Auch sonst läuft es für die Berliner mehr als rund. Die Single „Was geht ab“ erreichte Goldstatus und hat den Krisensommer locker überdauert.

Die aktuelle Auskopplung aus der soeben erschienenen Platte „Atzen Musik Vol.2“ „Disco Pogo” thront bereits auf Platz zwei der Single-Charts. Doch wo kommen die zwei Spaßnasen Frauenarzt & Manny Marc eigentlich so plötzlich her? Aus dem Berliner Untergrund. Und so plötzlich ist das auch nicht passiert. Schon seit 1998 machen beide gemeinsam Musik und kultivierten neben Techno-Raps auch Pornografie und Frauenfeindlichkeit. Frauenarzt, der auf den schönen Namen Vincente de Teba Költerhoff hört, wurde deswegen im Dezember 2009 zu einer Geldstrafe verurteilt. Ältere Machwerke, auch von Manny Marc, das ist Marc Schneider schafften es problemlos auf den Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Da besteht Gesprächsbedarf und DD- Inside schickt Franz X.A. Zipperer los, den zu befriedigen.


die atzen
Franz X.A. Zipperer (fxaz): Erst mal eine grundsätzliche Namensklärung, was sind denn Atzen eigentlich?

Manny Marc (mama): Das ist so ein Altberliner Wort für Kumpel oder guter Typ. Atze wurde von uns in die Musik übernommen, weil wir uns nicht wie die Amis “Homie” oder “Brother” nennen wollten. Und übrigens, jeder kann ’ne Atze sein, das ist natürlich nicht nur in Berlin möglich. Das geht weltumspannend.

fxaz: Es gab ja schon mal etwas andere Atzen-Zeiten. Im Untergrund, voller Antihaltung und Provokation. Manchmal habt ihr juristische Grenzen schlichtweg überschritten. Heute
kommt ihr als Deutschlands Partyfeger daher. Wie erklärt ihr euch den Wandel?


Frauenarzt: Wir haben schon immer gemacht worauf wir Bock hatten. Wir waren schon immer Punk. Von der Haltung her. Damals als es der HipHop Hype sich eher um Acts aus Hamburg oder Stuttgart gedreht hat, haben wir mit harten Texten geschockt und Leute aus der Reserve gelockt. Heute, wo jeder zweite Rapper sich als hart und gefährlich ausgibt, machen wir positive Atzen Musik. Das ist die Antibewegung gegen die Antibewegung. Wir haben uns nicht
verstellt, machen immer genau die Musik, die uns selbst gefällt und die Leute feiern unsere Mucke von ganz alleine. Klar sind das mehr als damals, aber polarisieren tun wir ja nach
wie vor trotzdem.

fxaz: Du hast dich ja diesbezüglich auch reuig gezeigt?

Frauenarzt: Du meinst den ARCHE-Hip Hop-Sampler „Deutschlands vergessene Kinder?” Ich habe auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass einige Texte in der Vergangenheit für Jugendliche ungeeignet waren. Das ist mit einer der Gründe, warum ich diese Produktion unterstützt habe.

fxaz: Gab es irgendwann einen Plan, alles anders zu machen?

mama: Was heißt hier Plan? Wir konnten wohl kaum wissen, dass es so einschlagen würde. Und Alexander Marcus, der uns vielleicht ein wenig den Weg vorausgegangen ist, war damals, als wir mit diesem Trashpopelectrohiphoptechno angefangen haben auch noch nicht so krass bekannt, wie er es jetzt ist.

Frauenarzt: Das Ding ist, dass wir da schon mit den Erfahrungswerten rangegangen sind, die wir aus hunderten Live Auftritten in dem, was du Untergrund nennst, hatten. Wir wussten, was live gut funktioniert.

fxaz: Euer neues Album „Atzen Musik Vol.2“ ist gerade erschienen. Was ist neu oder anders an den Songs?


mama: Das Album ist extrem vielfältig geworden. Es gibt rockige Songs, knallharte Elektrobretter, Techno-Beats, schlagerbeeinflusste Songs, Hip Hop-Geschrei, poppige
Nummern, Ska-Punk, Metal und, und, und... Wir haben uns auf dem neuen Album darauf spezialisiert, geile „aufdie Fresse-Musik“ zu machen.

Frauenarzt: Wir haben, wie immer, das gemacht, worauf wir gerade Lust hatten. Auf der CD vermischen sich echt alle Stile zu einem dicken geilen Partybrei. Wir haben keine
Kompromisse gemacht. So wurde alles extremer und spannender.

fxaz: Dabei kam dann auch Disco Pogo heraus? Ein Widerspruch in sich, schließlich entstand Pogo ursprünglich als Anti-Disco-Tanz der Punkbewegung.

Frauenarzt: Widersprüche ziehen uns an, wie Motten das licht. Gerade die in sich. Wir vereinen sie dann. Gnadenlos. Und was wäre eine schärfere Vereinigung, als die von Disco und Pogo?

fxaz: Eine solch seltsame Verschmelzung ist wohl auch die Zusammenarbeit mit Jürgen Drews?

mama: Genau, der König von Mallorca und die Atzen, drei, die zu feiern wissen.

fxaz: Am 13. März kommt große “Hilfe, die Atzen kommen” Tour auch nach Dresden. Was bekommt das Publikum geboten?

mama: Zu sehen bekommen die Leute die wildeste und durchgeknallteste Bühnenshow ihres Lebens. Zu fühlen bekommen sie die Bässe, die durch ihre Köper pumpen und sie zum Mittanzen zwingen. Zu schmecken bekommen sie wahrscheinlich das eine oder andere Bier. Zu riechen bekommen sie den von der Decke tropfenden Schweiß von tausenden ekstatischer Atzen. Reicht das?

Gefeiert wird derzeit nur dort, wo Manny Marc und Frauenarzt auftauchen, Das ist einfach nur Entertainment pur. Das ist Musik, die gute Laune verbreitet und zum Ausrasten anregt. „Das geht ab.“
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