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Thomas Godoj: Vom DSDS-Ruhm kann ich nicht mehr zehren

Im Mai 2008 siegte Thomas Godoj bei „Deutschland suchte den Superstar“, er hatte eine
Nummer-Eins-Single („Love is you“) und ein Nummer-Eins-Album („Plan A!“). Mit seiner
zweiten Platte „Richtung G“ will und muss der 31-Jährige aus Recklinghausen zeigen, dass er auch ohne die DSDSSchwimmflügel über Wasser bleibt.


Thomas, deine neue Single heißt „Nicht allein“. Der Song vermittelt eine optimistische Grundeinstellung. Bist du von Natur aus ein positiv denkender Mensch?

Thomas Godoj: Ja, auf jeden Fall. Ich habe mir natürlich Gedanken gemacht, mit welchem Song von diesem Album ich mich als erstes präsentieren wollte. Da blieb letztendlich nur dieses Stück übrig. Er ist rockig, verströmt Lebensfreude, und ich hoffe, dass er die Leute mitreißen wird. In den letzten Jahren haben mir viele Menschen Kraft gegeben, Ich möchte, dass ich mit Liedern wie „Nicht allein“ auch viel Kraft zurückgeben kann.

Du selbst hattest es ja auch nicht immer leicht.

Thomas. Das stimmt. Ich habe halt in meinem Leben vieles, wenn nicht alles, für die Musik aufgegeben. Zunächst schien es damals auch gut zu laufen mit der Musik. Aber dann ist alles den Bach runter gegangen, weil wir einfach noch nicht clever und abgebrüht genug waren. Auch war es schwierig, die Medien auf unsere Seite zu ziehen. Man kann sagen, dass wir damals als Newcomerband gescheitert sind. Ich hatte ja alles mögliche probiert, meine Bands hießen Cure Of Souls, Fluxkompensator, Tonk! Und schließlich
WiNK, auch stilistisch ging die Bandbreite quer durch den Garten.

Warst du immer sicher, dass du es als Musiker schaffst?

Thomas: Nein, das kann man so nicht sagen. Wäre ich davon überzeugt gewesen, es zu schaffen, dann hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, etwas anderes zu lernen. Der Weg, den ich gehen wollte, war dann eher der klassische Berufsweg. Ich habe Technischer Zeichner gelernt und dann angefangen, Maschinenbau zu studieren. Ich wollte Ingenieur werden. Aber neben meiner Ausbildung habe ich immer Musik gemacht und insgeheim darauf gehofft, dass da noch was geht. Irgendwann musste ich mich entscheiden.

Gegen das Studium?

Thomas: Genau. Musiker zu sein, das geht ab einem gewissen Level nicht mehr nebenbei. Man muss extrem viel Zeit und Leidenschaft in die Sache reinstecken, sonst hat es überhaupt keinen Sinn. Naja, letztendlich habe ich mich dann darauf konzentriert und das Studium aufgegeben.

War es besser, dass du den Durchbruch erst mit 30 geschafft hast? Wärst du durchgedreht, wenn das früher passiert wäre?

Thomas: Zum Abdrehen bin ich so oder so nicht der Typ. Aber ich wäre wahrscheinlich vor zehn Jahren sehr viel unerfahrener an alles rangegangen und hätte mir noch alles sagen lassen. Das ist in dem Alter, so mit 18 oder Anfang 20, generell schwierig. Man hat noch keine Ahnung, macht sich keinen Kopf und wird am Ende womöglich verarscht. Deshalb bin ich froh, dass es gekommen ist, wie es gekommen ist.

Wie bodenständig bist du geblieben?

Thomas. Ich weiß, wo ich herkomme und ich weiß, wie hart das Business ist. Ich habe es gelernt, mich durchzubeißen. Was hart war manchmal. Ich bin ja sogar in Hartz IV gerutscht und habe gedacht „Das gibt es doch gar nicht“. Ich hatte mein Leben für die Musik aufgegeben, und nichts passierte. Ich hatte immer an uns als Band geglaubt und wollte irgendwie nach vorne kommen.

Und dann bist du alleine, ohne Band, zu „Deutschland sucht den Superstar“ gegangen.

Thomas: Ich wollte diesen Weg ausprobieren, nachdem alle anderen Wege nirgendwo hingeführt hatten. Ich dachte mir, ich bin jetzt 29, bis ich 30 bin, muss was passieren. Also habe ich meinen inneren Schweinehund überwunden und bin zum Casting gegangen.

Es heißt ja immer wieder, bei DSDS sei alles abgesprochen und jeder habe eine Rolle zu spielen, die vorher festgelegt wird. Wie hast du das erlebt?

Thomas: RTL versucht natürlich, so viel wie möglich aus dir rauszubekommen. Wenn sie irgendein Thema haben, dann reiten sie auch darauf rum. Ich meine, das ist eine Unterhaltungsshow und die versuchen, über jeden eine Geschichte zu erzählen. Ich habe es persönlich echt schwer gehabt dort. Ich bin nicht da hingegangen, um Geschichten zu erzählen, sondern um Musik zu machen und mich zu präsentieren. Es gibt natürlich auch Leute, die da einfach nur eine Show abziehen und vielleicht nicht einmal wussten, worauf sie sich einlassen. Wie er sich da gibt, das blieb aber jedem selbst überlassen. Ich habe mich in viele Dinge gar nicht eingemischt und mich aus allen Zickereien rausgehalten.

Du bist als Kind aus Polen ins Ruhrgebiet gezogen. Was hat dich mehr geprägt: Polen oder Recklinghausen?


Thomas. Der ganze Werdegang, den wir als Familie gemacht haben, hat mich geprägt. 1986, da war ich sieben, sind wir nach Koratien in Urlaub gefahren, mein Vater hat sich dort überlegt, auszuwandern. Einen Monat haben wir in Jugoslawien gelebt und auf unser Visum gewartet. Wir kamen dann in ein Übergangslager nach Unna. Zwei Monate später zogen wir nach Mettmann bei Düsseldorf, dort bin ich zwei Jahre zur Schule gegangen und habe auch Förderunterricht bekommen, um die deutsche Sprache richtig zu lernen. Mein Vater fand 1988 in Recklinglausen Arbeit, wir sind dann dorthin gezogen, und seitdem
lebe ich in Recklinghausen.

Noch mit deinen Eltern zusammen?

Thomas: Nein, nein. Ich lebe zusammen mit meiner Freundin Jenni und unserer Tochter Lynn, die wird im Januar ein Jahr alt.

Ist es heftig, Familie und Karriere zu verbinden?

Thomas: Ich versuche natürlich, ein guter Papa zu sein. Und bis jetzt klappt es ganz gut. Natürlich bin ich häufig nicht zu Hause, aber wenn doch, dann kann ich mich den ganzen Tag um die Kleine kümmern. Wieviel Rockn’Roll ist denn noch drin, so als junger Familienvater?

Gehst du regelmäßig weg?

Thomas: Ich war noch nie der Typ, der in die Disco geht. Oder der Ober-Partyfreak. Ich hing lieber jeden Abend im Proberaum ab.

Wie gehst du mit dem plötzlichen Reichtum um?

Thomas: Also „Reichtum“ ist übertrieben, aber klar, man verdient schon mehr Geld als zu Zeiten von Hartz IV. Als erstes musste ein neues Auto her, ich habe so eine richtige Familienkutsche. Mein alter Opel Corsa flog mir schon um die Ohren. Ansonsten gehe ich mit dem Geld behutsam um. Man weiß ja nicht, was morgen ist.

Nach „Plan A!“ kommt „Richtung G“. Hast du da nicht ein paar Buchstaben ausgelassen?

Thomas: „Plan A!“ war als Titel ja praktisch von Anfang an vorgeben. Weil ich bei RTL „Der Mann ohne Plan B“ war. „Richtung G“ kam mir spontan als Idee. „G“ steht für Godoj. Und da, wo Godoj draufsteht, ist auch Godoj drin. Ich habe bei der Produktion und beim Songschreiben kräftig mitgeredet und singe jetzt nichts, was ich nicht will.

Der Manager der Fantastischen Vier, Andreas Bär Läsker, ist auch dein Manager. Wie bist du auf ihn gekommen?

Thomas. Der Bär war Jurymitglied in meiner „DSDS“-Staffel. Als wir als Kandidaten in die „Top 15“ kamen, mussten wir Verträge unterschreiben, sonst hätten wir gehen können. Das war ein Künstlerexklusivvertrag bei der Sony und ein Managementvertrag.Der Manager wurde dir also quasi aufs Auge gedrückt. Bei mir war das Volker Neumüller, der in der letzten Staffel in der Jury saß. Ich habe seine Philosophie nie verstanden und wollte die auch nicht verstehen. Also habe ich mich von ihm getrennt, sobald die Staffel
vorbei war.

Was war seine Philosophie?

Thomas: Er wollte mir genau sagen, was ich zu tun habe. Zum Beispiel wollte er einen Vertrag mit einer Booking-Agentur abschließen, bei dem ich einen sehr hohen Vorschuss auf die Tournee bekommen hätte. Nur muss man den Vorschuss dann erstmal einspielen. Aber ich wusste doch gar nicht, ob die Tour gut laufen würde. Der Manager bekommt 20 Prozent – du kannst dir also ausmalen, warum er an möglichst hohen Garantiesummen interessiert war.

Und Bär Läsker ist anständig?

Thomas: Ja. Wir haben eine coole Vereinbarung, die Arbeit läuft toll und nach meinen Vorstellungen.. Wir sprechen über viele Sachen, aber auf einer viel besseren Ebene.

Bringt dir DSDS noch was?

Thomas: Kaum noch. Ich habe gewonnen und hatte die entsprechende Starthilfe durch die Sendung. Aber das ist anderthalb Jahre her. Ich muss jetzt auf meinen eigenen Beinen stehen und das beste aus Allem machen. Vom DSDS Ruhm kann ich nicht mehr zehren. Viel
wichtiger ist: Ganz viel live spielen und die Leute überzeugen. Auf meinen Album habe ich einen Song, der heißtt „Zehn Meter Brett“. Ich fühle mich, als würde ich jetzt dort oben stehen. DSDS war der Sprung vom Dreier. „Richtung G“ ist der Sprung vom Zehner.



Gespräch und Interview : Martin Vejmelka
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