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ELEMENT OF CRIME - Die Liebe ist das Alpha und Omega

Sven Regener schätzt Beständigkeit. Wie immer empfängt der Sänger und Texter von Element Of Crime seine Gesprächspartner im „Café Einstein“ in der Berliner Kurfürstenstrasse. Wie immer pendeln auch die Songs des neuen Albums „Immer da wo du bist bin ich nie“ zwischen Rock, Folk, Country und Chanson. Wie immer ist die Liebe das zentrale Thema. Und wie immer trägt der 48-Jährige ein ein dunkles Poloshirt seiner offenbar bevorzugten Bekleidungsfirma.

element of crime

Sven, wirst du eigentlich von Lacoste gesponsort?

Sven Regener: Nein.

Aber immer, wenn ich dich sehe, trägst du deren Hemden.

Regener: Ich bin nicht darauf aus, jeden Tag etwas anderes anzuziehen. Ich mag dieses Hemd, und deshalb habe ich davon nicht eins, sondern vielleicht zehn. So muss man sich das vorstellen. Langweilig, aber wahr. Mich von einer Kleidungsfirma sponsern zu lassen, würde ich für ein bisschen nuttig halten. Auch jenseits von Oberbekleidung setzt du auf Bewährtes.

Eure neuen Lieder klingen angenehm vertraut. Wie bekommt ihr das hin?

Regener: Ich will nicht sagen, dass unsere Lieder total einzigartig sind, es ist in der Regel Rockmusik. Aber wir haben eine sehr besondere Art, Songs zu schreiben. Element-Of-Crime-Lieder haben manchmal seltsame Seiten. Was ich deshalb gut finde, weil sie andererseits auch sehr schön sind. Sie haben eine spezielle Anmut. Man kann diese Lieder mitsingen, man kann sie einfach beim Bügeln hören. Unsere Lieder richten sich potentiell immer an jeden Menschen und können auch voraussetzungslos funktionieren.

Lassen sich Element Of Crime leicht mögen?

Regener: Natürlich, aber das ist keine spezielle Qualität. Jede gute Musik ist unmittelbar mögbar. Oder auch nicht. Viele mögen unser Zeug ja überhaupt nicht. Dann gibt es Leute, die uns nach all den Jahren noch entdecken. Auf jeden Fall haben wir alle Leute widerlegt, die
damals meinten “Mit euch, das wird sowieso nichts”. Mir hat mal jemand gesagt, dass wir nicht mehr als 50 Platten verkaufen. Schau mal, wenn du in Deutschland 800.000 Platten verkaufst, dann ist vier Mal Platin, also gigantisch. Zugleich ist das aber nur ein Prozent der Bevölkerung. Viele Leute kennen diese Band gar nicht. Daran arbeiten wir. Dass von den 99 Prozent, die unsere Platte gut finden könnten, ein paar erreicht werden. Wir wollen die Menschen aber nicht krampfhaft von unserer Kunst überzeugen, das ist absurd.

Das neue Album ist vielleicht etwas weniger melancholisch als man das von euch kennt? Teilweise gehen die Lieder ja richtig nach vorne.

Regener: Ja, das stimmt. Als wir beim Schreiben merkten, dass das wohl so ist, haben wir diesen Umstand auch nicht versteckt. Deshalb steigen wir gleich mit einem Durchblaselied wie “Kopf aus dem Fenster” ein.

Wie ergibt sich die Stimmung einer Platte?

Regener: Da spielt stark die Stimmung rein, in der man sich selbst gerade befindet. Wenn man sich sicher und wohl fühlt, dann klingt man anders, als wenn man grübelt. Aber richtige Rückschlüsse auf unser sonstiges Leben kann man dadurch trotzdem nicht ziehen. Das ist einfach nur das, was es ist: Eine Platte, die relativ fröhlich und aufgeräumt daherkommt. Man darf Songs nicht mit Menschen verwechseln.

Vier Jahre sind vergangen seit eurem letzten Album „Mittelpunkt der Welt“. Hat sich dieser
große Abstand zwischen euren Platten jetzt eingebürgert?


Regener: Der Abstand ist ja nur von außen betrachtet einer. Wir waren zwei Jahre lang mit Touren und Festivals beschäftigt, ich habe den letzten Teil meiner „Herr Lehmann“-Trilogie
geschrieben, dann kam die Filmmusik für “Robert Zimmermann wundert sich über die
Liebe”, dann haben wir auch schon mit dem neuen Album angefangen.

Willst du nach den „Lehmann“-Romanen noch weitere Bücher schreiben?

Regener: Vielleicht. Im Moment schreibe ich keins. Und ich bin eigentlich ganz froh, dass ich mal nicht ein paar Jahre im Voraus schon weiß, was ich mache. Selbst wenn ich die Absicht hätte, ein neues Buch zu schreiben, würde ich das jetzt aber nicht an die große Glocke hängen. Denn wie peinlich ist das denn, wenn ich später danach gefragt werde und sagen muss “Hat nicht geklappt”.

Ihr habt in diesem Jahr 25-Jähriges Bandjubiläum. Wird gefeiert?

Regener: Solche Zahlen bedeuten uns überhaupt nichts. Wit haben auch zum Zwanzigsten nichts gemacht. Was soll das denn bedeuten? Ich habe nie verstanden, was daran feierwürdig sein sollte.

Eine weitere Konstante eures Werks sind deine Texte: Die Liebe ist wie immer Dreh- und Angelpunkt der Songs.

Regener: Natürlich. Wie in 99 Prozent aller Lieder im Rock’n’Roll. Das liegt in der Natur der Sache und ist auch nichts, das Element Of Crime speziell ausmacht. Das Liebeslied ist für mich das Alpha und Omega des Songschreibens.

Verstehst du mehr über die Liebe, wenn du dich ständig mit ihr auseinandersetzt?

Regener: Nein, ich verstehe nur was vom Songschreiben, vom Songtextschreiben. Ich mache das nicht, weil ich schlauer bin als die anderen oder was zu belehren hätte. Ich bin in Liebesfragen genauso ratlos wie alle anderen. Ich mache ja keine Ratgeberliteratur und habe auch kein Interesse daran, welche zu machen. Ich erkläre den Leuten nicht, wie das Leben zu verstehen ist. In der Kunst ist ein uninteressanter Ansatz. Unsere Songs sind Belletristik, keine Sachbücher.

Du singst “Was für Cloppenburg Pfanni ist, das bist Du für mich”. Welche Bedeutung hat Pfanni für eine Bedeutung für Cloppenburg?

Regener: In Cloppenburg ist ein riesengroßer Turm, der zu einer Fabrik gehört, die das gesamte Stadtbild von Cloppenburg beherrscht. Das alles sieht aus wie das “Ministerium der Liebe” bei Orwells “1984”. Obendrauf steht “Pfanni”, woraus man schließen kann, dass Pfanni eine sehr hohe Bedeutung für Cloppenburg hat.

Nach “Delmenhorst” jetzt also Cloppenburg. Sorgst du dafür, vergessene niedersächsische Städte wieder ins Bewusstsein zu rücken?

Regener: Ja, das kann man gar nicht oft genug machen. In Niedersachsen steckt viel drin.
Im Song „Am Ende denke ich immer nur an dich“ besingst du das Leben einer Spargelkönigin.

Kennst du dich in diesem Metier aus?


Regener: Du ahnst die Antwort doch bereits. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie eine Spargelkönigin
gesehen. Ich bin ein Stadtmensch, ich habe nur in Bremen, Hamburg und Berlin gewohnt. Aber die dem Lied zugrundliegende Idee, dass jemand 20 Mal versucht, Spargelkönigin zu werden, und dann kommt ein Typ und sagt “Ich hole dich hier raus”, die ist doch nicht schwer zu verstehen, oder?

Willst du, dass die Leute sich besser fühlen, wenn sie eure Lieder hören?


Regener: Ja, klar. Schlechter auf keinen Fall. Die Leute selber wollen das übrigens auch. Das war immer so, wird immer so sein. Es gibt keinen wirklich masochistischen Ansatz in der Kunst.

Wovon handelt das Lied „Der weiße Hai“?

Regener: Das kann man doch eins zu eins mal so nehmen, wie es ist. “Freu dich nicht zu früh auf den Sommer/ Weihnachten ist gerade erst vorbei”. Das ist doch nicht schwer zu verstehen. Natürlich kann man auch dahinter noch andere Geschichten freirubbeln. Aber das muss
man selber tun. Oder auch nicht. Mir ist das egal. Ich werde den Teufel tun, jetzt meine weiterführenden Gedanken hinter diesem Text zu erklären. Damit nehme ich den Hörern doch viel von ihrem Vergnügen.

Wie glücklich macht dich die eigene Musik?

Regener: Es gibt immer wieder ehrhabene Momente. Wäre es nicht mit einer tiefen Befriedigung verbunden, einen schönen Song zu schreiben, dann würden wir das bestimmt nicht schon so lange machen. Die neue Platte, sobald sie fertig gemischt ist, mal komplett zu hören, das ist ein berauschender Moment.


Steffen Rüth ELEMENT OF CRIME

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