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Marteria Jung, hungrig, unverbraucht

Was haben Fußbälle, Hugo Boss und eine Schauspielschule gemeinsam? Ganz einfach: Sie sind Teile des Plans des Wahlberliners Marteria die Popherrschaft zu übernehmen. Naja, so ungefähr jedenfalls. Fest steht, der 26-jährige Rapper meint es ernst. Und steht mit neuer Band und neuem Album bereit, um die Zuschauer auf den Rängen in Ekstase zu versetzen. Ein Gespräch über Parallelidentitäten, Niederlagen und Politik.

marteria

In früher Jugend Kicker im Kader des 1. FC Hansa Rostock und der U17-Nationalmanschaft – was hast Du in dieser Zeit gelernt, was heute noch in Deiner Karriere als Musiker wichtig ist?


Ich habe gelernt mich durchzusetzen. Es herrscht ein enormer Konkurrenzkampf und man muss an seine Stärken glauben. Fängt man an zu zweifeln, ist es meistens schon zu spät. Zwischen Fußball und dem Musikgeschäft gibt es in dieser Hinsicht eine Menge Parallelen.

Es folgten Jobs als Model für bekannte Namen, ein Schauspielstudium und der Beginn Deiner Rap-Karriere. Ab welchem Punkt war Dir klar: Musik ist das, was ich wirklich machen will!

Da war ich vielleicht 18 oder 19 Jahre alt. Übrigens, mit meinem heutigen DJ habe ich bereits im Alter von sechs Jahren zusammen bei Hansa Rostock gekickt. Da schließt sich der Kreis wieder. Mein Schauspielstudium habe ich zum großen Teil auch für die Musik gemacht. Da lernt man Dinge wie die richtige Aussprache, Atemtechniken oder Bewegungsabläufe –
alles sehr hilfreich, zum Beispiel für Live-Shows. Neben Marteria gibt es auch noch Deinen Alter Ego Marsimoto.

Eine gute Möglichkeit, Dinge zu tun, die einem die echte Künstlerrolle oft nicht erlaubt?

Genau so ist das. Wir Menschen lieben es, mit verschiedenen Identitäten zu spielen. Da gibt es zum Beispiel den Arzt, der jede Woche Leben rettet und dann einmal am Wochenende mit den Ultras seines Fußballvereines die Sau raus lässt. Menschen lieben es, in Rollen zu schlüpfen, sich ihren Emotionen hinzugeben oder Phantasien auszuleben. Manchmal geht das allerdings auch in ganz negative Richtungen.

Nachdem Du in den letzten zwei Jahren mit Musikern wie Jan Delay, Dynamite Deluxe oder Peter Fox zusammen die Bühnen betreten durftest, bist Du nun selbst auf Tour. Was erwartet die Zuschauer?

Eine sehr unverbrauchte Show mit jungen, hungrigen Musikern. Wir spielen Songs vom neuen Album, welches Anfang 2010 erscheinen wird – ein erster Vorgeschmack also. Außerdem wird die Show ziemlich lang sein und strotzt nur so vor Power. Natürlich wird auch Marsimoto wieder seine unglaublichen Künste unter Beweis stellen.

Wie laufen die Arbeiten am angesprochenen Album?


Im Moment sind wir voll dabei. Ich bin jeden Tag im Studio und wir arbeiten sehr hart daran. Für das Schreiben der Texte war ich extra drei Wochen in Dänemark, um in Ruhe die Songs fertigzustellen. Es wird auf jeden Fall sehr spannend im nächsten Jahr.

Du hast 2009 Mecklenburg-Vorpommern beim Bundevision Song Contest mit dem Lied „Zum König Geboren“ vertreten und dabei nur den zwölften Platz belegt.  Wie gehst Du mit Niederlagen um?

Das ist für mich gar kein Problem. Bei der Konkurrenz zum Bundevision Song Contest mit Peter Fox oder Cassandra Steen war das vorher schon klar. Auch Deichkind wurden mal Letzter für Mecklenburg Vorpommern mit einer Wahnsinns-Performance und einem geilen Song. Man darf diesen Wettbewerb auch nicht zu ernst nehmen. Niederlagen werden einen das ganze Leben lang begleiten. Nur ab und zu auch mal gewinnen, das ist dann auch ganz schön.

Vor rund einer Woche war die Bundestagswahl. Welche Rolle spielt Politik für Dich in Deinem Leben?

Ich bin politisch schon sehr interessiert. Was ich gewählt habe, dass verrate ich jetzt aber nicht (lacht). Dazu sei an dieser Stelle nur so viel gesagt: Mein eigenes Label heißt ja bekanntlich „Green Berlin“.

Warum beschäftigen sich junge Menschen heute lieber mit Plattenspielern, Farbdosen oder Mikrofonen, als über Mindestlöhne, Atomausstieg oder Finanzmarktregulierung zu diskutieren?


Ich weiß gar nicht, ob das überhaupt so stimmt. Wenn ich in Workshops mit jungen Menschen ins Gespräch komme, oder wenn man sich an sozialen Brennpunkten umhört, dann merkt man schon, dass die Kids sehr interessiert sind. Die wollen ja auch alle Geld verdienen.

Nachspielzeit, letzte Frage: Wenn Dein Sound für einen Fußballprofi und Verein stünde, welche wären das?

Ganz klar: Eric Cantona und Hansa Rostock!


Gespräch und Interview : Martin Vejmelka

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