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Roger Cicero: Der moderne Mann

Mit zwei erfolgreichen Alben und weit über 100 Konzerten hat Roger Cicero bewiesen, dass gekonnt gemachter Swing mit Witz und deutschen Texten funktioniert. Nach kurzer Babypause kommt der 38-Jährige, der mit Freundin Kathrin und Söhnchen Louis in Hamburg-Winterhude lebt, nun mit seiner neuen Platte „Artgerecht“ auf Tournee.

roger cicero

Was ist am wichtigsten bei der artgerechten Haltung des Roger Cicero?

Roger Cicero: Ich bin relativ pflegeleicht. Es gibt ein paar Sachen, die mir wichtig sind, auf die ich nur schwer verzichten könnte. Dazu gehört bei mir der regelmäßige Besuch beim Power-Yoga.

Wenn der Mann auf die 40 zugeht, muss er was tun, was?

Cicero: Anfang letzten Jahres stand eine sehr langwierige Tour vor mir. Wenn ich die durchhalten wollte, musste ich körperlich auf der Höhe sein. Also habe ich einen Yogalehrer mitgenommen. Jeden Tag haben wir unsere Übungen gemacht, und das hat mir so gut getan,
dass ich es in Hamburg nicht mehr missen wollte.

Hast du zuhause deine Matte liegen?

Cicero: Nein. Ich gehe lieber in Kurse und mache das zusammen mit anderen Leuten. Ich könnte es zwar auch alleine, aber mit mehreren macht es mir mehr Spaß.

Macht deine Freundin Kathrin mit?

Cicero: Nachdem ich sie lange erfolglos überreden wollte, macht meine Freundin seit kurzem tatsächlich mit. Auf einmal hat sie jetzt Rückbildungsyoga angefangen und Blut geleckt.

Wie alt ist euer Sohn Louis jetzt?


Cicero: Knapp ein Jahr. Er krabbelt gerade wie ein Weltmeister.

Wie hat denn das Vatersein dein Leben verändert?

Cicero: Mein Beschützerinstinkt ist viel stärker geworden. Mit Louis gibt es nun einen Menschen, auf den ich aufpassen muss. Auf den ich aufpassen möchte. Du wirst weniger sorglos, wenn du ein Kind hast.

Und was ist gleich geblieben?

Cicero: Meinen Job mache ich noch genauso wie früher. Da ist nichts großartig anders geworden. Der Kleine hat höchstens meinen Blick auf die Sachen verändert.

Inwiefern?

Cicero: Es rückt alles auf den rechten Platz. Das heißt, vorher war Karriere für mich eine sehr wichtige Sache, ist sie auch immer noch. Aber sie hat einen neuen Platz bekommen. Vorher war das Thema viel, viel präsenter. Jetzt ist einfach ein neues, noch viel wichtigeres Thema dazukommen. Die Geburt meines Sohnes war das bislang größte Ereignis in
meinem Leben.

Würdest du längere Zeit mit der Musik aufhören, um Vollzeitvater zu sein?

Cicero: Man kann das verbinden. Und ich würde auch niemandem einen Gefallen tun, wenn ich nur noch zuhause rumhocken würde. Ich bin ja auch nicht ständig unterwegs. Und dadurch, dass ich nur in Deutschland und den Nachbarländern am Start bin, habe ich es nie richtig weit bis nach Hause. Wenn ich dann da bin, dann bin ich auch von morgens bis abends daheim. Das ist der große Vorteil gegenüber anderen Vätern.

Stand der Name immer schon fest oder habt ihr ihn gesehen und gesagt „Dich nennen wir Louis“?

Cicero: Das lief ganz klassisch. Wir sind im Namenbuch beim Durchstöbern bei „Louis“ hängengeblieben.

Im Stück „Spontis zeugen Banker“ singst du, „Auch ich wolte nie so sein wie meine Eltern – und jetzt bin ich es doch“.  Steht Louis’ spätere Beurfswahl fest?

Cicero: Mal schauen, ob das auf ihn abfärbt. Ich werde da aber keinen Zwang raus machenund hoffe, dass ich ihn ermutigen kann, seine eigenen Leidenschaft zu finden und dann auch
zu leben.

Dein Vater Eugen war ein berühmter Jazzpianist, bei euch zuhause sind Leute wie Caterina
Valente ein- und ausgegangen. Ist dir irgendwann aufgefallen, dass es bei euch anders zugeht als bei anderen Familien?


Roger: Ich habe das nicht so wahrgenommen. Das hat sich ja auch normalisiert, meine Eltern
haben sich getrennt, als ich zwölf war. So ab 14 habe ich meinen Vater in den Ferien besucht und durfte manchmal abends mit auftreten. Ein paar Stücke konnte ich da auch schon. Zu der Zeit habe ich den Spaß an der Musik entdeckt.

Du bist also früh mit der Musik angefangen. Wolltest du nie rebellieren?


Cicero: Meine rebellische Phase bestand darin, dass ich mich so weit wie möglich von bestimmten Eigenschaften meiner Eltern entfernen wollte. Als ich so 16, 17 war, wollte ich mein eigener Herr sein, wie alle Jugendlichen. Und das führte zu gewissen Komplikationen. Ich traf Entscheidungen, die für meine Eltern nicht sehr populär waren. Zum Beispiel fanden sie meine Klamotten scheiße. Auch darüber, wie es so mit meiner Freundin lief, gab es immer wieder Auseinandersetzungen.

Sprechen wir über „Artgerecht“. Bei der dritten Platten ist es ja oft so: Man baut auf das Erreichte auf, will aber auch neue Wege gehen. Wie hast du dich diesem Werk genähert?

Cicero: Nach dem ersten Album „Männersachen“ hatten wir uns klar auf die Fahnen  geschrieben, ein Nachfolgewerk zu produzieren, das nicht gerade extrem abweicht. Es gab
vielleicht einen Tick mehr südamerikanische Klänge auf „beziehungsweise“. Bei „Artgerecht“ war es mir ein sehr, sehr großer Wunsch, meine zweite große musikalische Leidenschaft und auch meine Wurzeln, nämlich die Soulmusik, stärker einfließen zu lassen. Jetzt haben wir also sehr motownige Klänge, aber auch Seventies-Soul im Stile von Barry White. Klanglich haben wir uns an die klassischen Vorbilder gehalten und mit „Spontis zeugen Banker“ auch eine total
funkige Nummer draufgepackt. Mir selbst und meinem Geschmack kommt dieses Album von allen dreien bislang am nächsten..

Stört es dich eigentlich, wenn du mit großer Besetzung und Orchester ein Album aufnimmst, dass sich die Leute anschließend auf dem Ipod anhören?

Cicero: Naja, das ist eben so. Wenn man Platten aufnimmt, weil man ganz genau, dass die Leute die Musik später auf Anlagen hören werden, die sehr unterschiedlich sind von der Qualität. Oder im Autoradio mit schlechten bis sehr schlechten Boxen. Das ist einem klar. Wen das stört, der darf überhaupt keine Platten mehr aufnehmen. Also, mich stört das nicht. Mich freut, wenn die Leute meine Musik hören. Das können sie gern auf dem Spielgerät ihrer
Wahl machen. Ich weiß allerdings, wo ich mir meine Musik am liebsten anhöre.

Wo denn?

Cicero: Im Auto. Da bin ich sehr gut bestückt, was meine Anlage angeht.

Ist die Anlage fetter als das Auto? Oder ist das Auto auch fett?

Cicero (lacht): Das ist im Einklang. Ich fahre einen Mercedes Coupe mit vier Türen.

Wie hat die Jazzszene auf deinen Erfolg reagiert? Sind die alle begeistert oder gibt es auch Neid?

Cicero: Neid gibt es bestimmt, ich musste ihn aber noch nicht so spüren. Die meisten meiner Kollegen, von denen ich ja auch mit vielen schon gearbeitet habe, die waren sehr erfreut. Und sie sagen, dass sie mir das imme total gegönnt haben.

Vielleicht sind sie dir auch dankbar, schließlich hast du Jazz, Swing und Soul für ein breites Publikum erschlossen.


Cicero: Ja, genau. Die meisten haben das auch so gesehen.

Vor zwei Jahren bist du mit „Frauen regier’n die Welt“ beim Grand Prix Eurovision im hinteren Mittelfeld...

Cicero: Es war bereits das Hinterfeld. Gut, also du bist Neunzehnter von 24 geworden.

Was hältst du denn vom diesjährigen Beitrag Alex Swings Oscar Sings?

Cicero: Ich bin total gespannt, wie die Jungs sich

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