Fachkommission überprüft Dresdens „Ehrengräber“ auf NS-Belastungen
Auf Dresdens Friedhöfen sind 129 Personen bestattet, deren letzte Ruhestätte von der Landeshauptstadt Dresden als sogenanntes Ehrengrab gepflegt wird. Eine dieser Personen ist der Schauspieler Erich Ponto (1884?1957), dessen Urne 2007 von Hamburg nach Dresden überführt und auf dem Urnenhain Tolkewitz bestattet wurde. Die Ehrung Pontos durch die Stadt Dresden ist aufgrund seiner Rolle im Nationalsozialismus jedoch in die Kritik geraten. In der Sächsischen Zeitung hat Oliver Reinhard kürzlich darauf aufmerksam gemacht, dass der Schauspieler in antisemitischen Filmen wie ?Die Rothschilds? mitwirkte.
Um den Umgang mit bedeutsamen Persönlichkeiten der Dresdner Stadtgeschichte auf eine neue Grundlage zu stellen, hat der Ausschuss für Kultur und Tourismus bereits am 8. März 2022 eine Fachkommission als beratendes Gremium ins Leben gerufen, die im März 2023 erstmals zusammengetreten ist. Satzungsgemäßer Auftrag der Kommission ist es, nach wissenschaftlichen Standards zu prüfen, ob die in einem Ehrengrab Bestatteten einer Grabehrung aus heutiger Sicht würdig sind. Die Kommission hat Kriterien entwickelt, die einer Grabwidmung zuwiderlaufen können, weil sie mit den Grundsätzen einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar sind. Dazu gehört etwa ?die aktive Propagierung antisemitischer [?] Positionen in Wort (?geistige Brandstiftung?) und Tat?. Dabei wird die historische Einordnung der betreffenden Person in ihren zeitlichen Kontext berücksichtigt.
Die Kommission hat in ihrer bisherigen Arbeit alle Namen geprüft und kategorisiert. Etwa dreißig Personen wurden als mutmaßlich oder gesichert historisch belastet eingestuft, darunter auch Erich Ponto. Sie werden zurzeit einer vertieften Recherche unterzogen. Die Ergebnisse bieten eine neue Bewertungsgrundlage, ob ein historisches Grab aufrechterhalten und gepflegt werden soll.
Eine weitere umfangreiche Liste mit Gräbern, die die Friedhofsverwaltungen zusammengestellt haben, soll darüber hinaus von der Kommission daraufhin überprüft werden, ob diese künftig von der Stadt Dresden unterhalten werden. Außerdem soll die Kommission für zukünftige Gräber historischer Persönlichkeiten eine Handlungsempfehlung vorlegen.
Die Empfehlungen der Kommission werden zur weiteren Entscheidung an die Gremien des Stadtrates gegeben und danach veröffentlicht.
So arbeitet die Kommission
Der Kommission unter Leitung von Dr. Birgit Sack, Leiterin der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden (Stiftung Sächsische Gedenkstätten), gehören ein Stadtratsmitglied pro Fraktion, die Leitungen von Stadtarchiv und Stadtmuseum sowie der Ämter für Stadtgrün und Abfallwirtschaft bzw. für Kultur und Denkmalschutz wie auch fünf Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Neueren und Neuesten Geschichte an.
Erste Ergebnisse der Recherchen, die unter Leitung des Kommissionsmitglieds Prof. Rutz von einer Gruppe Promovenden am Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (ISGV) durchgeführt werden, sollen zusammen mit einer vorläufigen Bewertung ausgewählter Biografien in der nächsten Sitzung vorgestellt werden. Diese findet am Freitag, 9. Mai 2025, von 14 bis 16 Uhr im Kulturrathaus, Königstraße 15, 01097 Dresden, Clara-Schumann-Saal (1. OG) statt. Die Sitzungen sind öffentlich.
Redaktion DD-INside.com