Wie geht Integration richtig?
Lenkungsausschuss legt aktuelles Thesenpapier mit Lösungsansätzen vor
In Dresden leben aktuell 39 013 Ausländer (Stand: August 2017). Das entspricht etwa sieben Prozent der Dresdner Bevölkerung. Über 8 500 Personen davon stehen hier im Kontext Flucht und Asyl. Viele von ihnen befinden sich aktuell in Integrationskursen, arbeitsmarktvorbereitenden Maßnahmen oder sind bereits in das Arbeitsleben integriert. Oberbürgermeister Dirk Hilbert gründete im November 2015 den Lenkungsausschuss Integration in Arbeit und Ausbildung Dresden. Dieser begleitet und gestaltet diesen Prozess und hat nun unter der Fragestellung ?Machen wir die richtigen Dinge und machen wir die Dinge richtig?, ein Thesenpapier vorgelegt. Im Kern geht es darum, den Integrationsprozess zu hinterfragen: Was benötigt eine gelingende Integration, wo gibt es verstärkte Handlungsbedarfe und welche Lösungsansätze gibt es?
Oberbürgermeister Dirk Hilbert: ?Dresden handelt. Die Dresdnerinnen und Dresdner handeln. Genau dieses besondere Engagement vieler Menschen, die ehrenamtlich mit anpacken, wird gebraucht, schafft Gemeinsamkeiten, Verständnis und Perspektiven. Als eine Anerkennung für diese Hilfe verleihen wir am 1. Oktober 2017 zum zweiten Mal den Integrationspreis der Landeshauptstadt Dresden. Aber nicht alle Herausforderungen aus Zuwanderung, Flucht und Asyl können die Bürger und die Verwaltung auf kommunaler Ebene lösen. Deshalb hat der Lenkungsausschuss im Thesenpapier die Ansätze zusammengefasst und zeigt damit einen Weg, den Prozess zu verbessern. Damit sollen sich Integrationschancen, vor allem für bleibeberechtigte Geflüchtete verbessern. Das ist unser Ziel.?
Bürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann: ?Wir wollen, dass Migrantinnen und Migranten beruflich und gesellschaftlich in Dresden ankommen. Gemeinsam mit unseren Partnern identifizieren wir im Lenkungsausschuss Schwachstellen und entwickeln Lösungen für die erfolgreiche Integration auf dem Arbeitsmarkt. Wir setzen damit bewusst früh an, damit die Menschen gar nicht erst das Gefühl bekommen, aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Aktivität statt Passivität ? das ist unser Motto. Dafür haben wir eine gute Struktur, klare Prozesse und eine Kultur des Miteinander und Füreinander entwickelt.
These 1: Eine gelingende Integration in Arbeit und Ausbildung und somit in die Gesellschaft braucht Wissen, Motivation und die positive Erfahrung für den Einzelnen.
Lösungsansatz: Die Struktur der Flüchtlingssozialarbeit (MBE, JMD, kommunale FSA) darf nicht vom Aufenthaltstitel abhängig gemacht werden, sondern von der Beratungsnotwendigkeit im Lebenskontext. Der fachliche Dialog und die verbindliche Kooperation zwischen haupt- und ehrenamtlichen Akteuren sind als Grundlage für die gemeinsame Zielerreichung und für realistische Erwartungen unverzichtbar. Lebensrealitäten statt Quotenvorgaben für die Betreuung und Beratung.
These 2: Es besteht ein Qualitätsproblem bei Sprach-und Wissensvermittlung.
Lösungsansatz: Die Integrationskurse müssen in Zeit, Teilnehmerzahl und Vorrausetzungen des Einzelnen angepasst werden. Bei Sprachkurszuweisungen sollten Fähigkeiten und Lebensumstände berücksichtigt werden. Die Menschen mit Migrationshintergrund brauchen Angebote für lebenslanges Lernen. Das Land Sachsen muss jungen Menschen zwingend einen deutschen Schulabschluss ermöglichen, damit eine berufliche Ausbildung erfolgreich absolviert werden kann. Neue Wege für Berufsqualifikation sind nötig. Die Kursplanung braucht regionale Koordination.
These 3: Ordnungsrechtliche Aspekte des Aufenthaltsrechts können integrationspolitischen Erwartungen entgegenstehen. Lösungsansatz: Die Asylverfahren müssen deutlich zügiger abgeschlossen werden.
These 4: Integration von Menschen braucht Menschen.
Lösungsansatz: Frühestmöglicher Beginn der Beratung, Begleitung und Förderung, unabhängig von der Bleibeperspektive. Die gesetzliche Normierung auf einen Betreuungsschlüssel von 1:150 im Integrationsbereich Ü25 aus dem Jahr 2004 muss der Lebenswirklichkeit angepasst werden. 1:120 als echte Betreuungszahl je Vermittler Ü25 und 1:75 für alle Kunden U25 und zusätzliche Mittel für Sprachmittlung und Beratung.
These 5: Das System muss die Integration des Menschen unterstützen und nicht der Mensch die Integration des Systems.
Lösungsansatz: Dresden stellt sich der Herausforderung Integration als Gesamtprozess. Die Integration in Arbeit und Ausbildung, als auch die Integration in die Gesellschaft finden lokal statt. Art und Umfang müssen in einem Landesgesetz verankert werden. Für die Erfüllung der Aufgaben müssen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung stehen. Der Bund muss sich aktiv an den kommunal- und landesspezifischen Handlungsansätzen beteiligen, da er ebenso für einen gelingenden Integrationsprozess mit in der Verantwortung steht. Das Land und die Kommunen benötigen hierfür entsprechende Ressourcen und Planungssicherheit.
6. Integration als gesellschaftliche Aufgabe begründet auch eine gesellschaftliche Verantwortung.
Lösungsansatz: Die regionale Wirtschaftsförderung und der Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit und des Jobcenters unterstützen die Arbeitgeber gemeinsam mit den Kammern bei der Besetzung von Ausbildungs-und Arbeitsplätzen.
Redaktion DD-INside.com